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Der Kobold

Nach dem Steve für längere Zeit verdutzt die Schäumende Bierflasche in seiner Hand anschaut, wagt er einen Schluck daran zu nehmen. Einen ziemlich großen Schluck sogar, schließlich kann er überhaupt nicht nachvollziehen was gerade passiert ist.
Die wahrscheinlichste Möglichkeit, so nimmt er an, muss eine Art Halluzination sein.
"Vielleicht werde ich für meine früheren Taten bestraft", denkt er sich voller unbehagen.
Er erinnert sich spontan an Ereignisse die lange Zeit zurück liegen.
"Muss anfang der 2000er Jahren gewesen sein. Wie hieß der Junge nochmal? Peter? wurde er Pete genannt? Pikowski?"
Konzentriert versucht er sich zu erinnern. Durch irgend jemand hatte er Pete kennengelernt. Pete kam vom Bodensee. Er machte ein Freiwilliges Soziales Jahr in Stuttgart Fasanenhof. Er wohnte dabei neben der Kirche, am 7. Kontinent ( eine Art Jugendtreff ). Der Pfarrer hatte eine kleine Wohnung an ihn vermietet.
Pete war ebenfalls Kiffer. Ein netter Junger Mann, dünn von der Statur, Blond, intelligent und höfflich. Leicht schüchtern. Was der arme Pete nicht wusste, diese Zeit wird für ihn vielleicht die schlimmste Zeit seines Lebens werden. Leider wusste er es zuvor nicht, sonst wäre er vermutlich nie nach Fasanenhof gekommen.
Steve erinnert sich an eine bestimmte Szene. Er läuft mit Helmut, Henjok ( einem Polen ) und Kemal in die Wohnung von Pete. Sie nehmen Platz, Pete hat eine dicke Bong auf dem Tisch stehen und eine ordentliche Menge Cannabis. "Richtig, wir haben Pete durch Henjok kennen gelernt", fällt Steve ein.
Kurze Zeit später klingelt es an der Tür. Lio aus Russland kommt vorbei, mit Miki, einem Serben. Miki hat seinen Cousin dabei, der ca. 20 Jahre älter als die meisten im Raum ist, also ist er über 40. Der Cousin von Miki wurde gerade aus dem Gefängnis in Serbien entlassen, also konnte er nach Deutschland zurück. Man stellt sich gegenseitig vor und schon wird die Bong geköpft.
Der Cousin des Miki verschluckt beim ziehen mit absicht den Rauch und hält ihn so lange wie Möglich in der Brust, dann hustet er laut auf, "so haben wir das in Serbien im Knast gemacht", informiert er hustend die anderen.
Zu Steves Überraschung spricht der Cousin auch rumänisch, also kann sich Steve ein bisschen mit ihn unterhalten.
Die Jungs kriegen hunger und sie beschließen den Kühlschrank von Pete zu plündern.
Ein anderes mal war ein Halb Afroamerikaner halb Spanier dabei. Ebenfalls ein Freund von Henjok. Er wurde allgemein "Der Spanier" genannt, nie mit seinem Namen angesprochen.
Diesmal war die Wohnung von Pete schon voller. Auch Naim, ein Afrikaner war dabei. Es wurde wieder fröhlich Bong geraucht. Gegen Mitternacht verkündete Pete das er nun ins Bett müsste, er müsse am nächsten Morgen früh raus.
"Ist doch kein Problem Pety Boy", sagte der Spanier mit dem Playstation Controller in der Hand, "leg dich doch hin, machs dir gemütlich, wir zocken noch ein bisschen weiter".
Fünf Minuten später bat Pete nochmals höfflich darum ihn schlafen zu lassen, sprich, wir sollten die Wohnung verlassen.
"Pete mein Junge, chill dich ein bisschen, dreh dich um, schau die Wand an, denk an was feines...wir zocken hier noch ein bisschen", wiederholte der Spanier während er konzentriert auf den Fernseher starte.
"Jungs, ich muss wirklich...."
"Pete, jetzt dreh dich verdammt noch mal um, ich wiederhole mich nicht gerne, ich hab grad gesagt wir zocke noch ein bisschen".
So wurde noch 2h weiter gespielt, während Pete die Wand anstarte und die Jungs sein Gras weg rauchten.
Ein anderes mal, mittlerweile war seine Wohnung schon zum selbsternannten Treffpunkt geworden wollten ein paar Griechinnen, mit ein paar Jungs aus dem Viertel zu Pete in die Wohnung. Doch Pete war nicht da. Der Grund für den unangekündigten Besuch bei Pete war das sie kein Gras zum rauchen hatten und beschlossen was von Pete zu schnorren.
Als sie bemerkten das Pete nicht zuhause war, beschloss Sedat, einer der Begleiter der Griechinnen die Wohnung von der anderen Seite zu inspizieren. Er stellte überrascht fest dass das Fenster geöffnet war. Er kletterte rein und durchsuchte die Wohnung. Dabei fand er mindestens 50 Gramm Gras. Er entnahm davon ca 15 Gramm und kletterte wieder heraus.
Kurze Zeit später trafen Steve und seine Freunde ein. Die Jungs aus dem Viertel und die Griechinnen lachten schälmisch.
"Wir waren grad bei dem Kobold ( so wurde Pete wenn über ihn gesprochen wurde genannt ) drin. Der Depp hat vergessen die Fenster zu schließen. Der hat da ne hübsche Gras Menge, wir haben uns was davon gezockt", lacht Blarim, ein anderer Begleiter der Griechinnen.
Es wurden ein paar Joints gedreht und geraucht.
Dabei saß man auf einer Bank, mit Petes Wohnung, hinter Bäumen versteckt im Blickfeld.
Sie bemerkten das bei Pete Licht in der Wohnung angeht.
"Oh, schaut mal, der Kobold ist wieder daheim", bemerkte Helmut.
"Dann lasst uns ihn doch mal besuchen", schlug Sedat vor.
Sie klopften an Pete seiner Tür. Der Kobold machte die Tür auf.
"Hey Jungs, ich hab wirklich keine Zeit, ich bin....."
"Nun warte doch mal Pete, wir haben ne Überraschung für dich, wir haben was mitgebracht", sagte Kemal beschwichtigend.
Als der Kobold die ca. 12g Gras sah, leuchteten seine Augen, er öffnete die Tür und ließ den Besuch rein.
"Wir können es so machen, wir legen was von unserem Zeug was dazu und wenn du auch was hast, dann legst du auch einen Teil drauf", meinte Sedat.
Pete nickte mit den Kopf und holte bereitwillig sein gebunkertes Gras raus. Er legte was davon auf den Tisch und die Gang legte auch was auf den Tisch. So wurde Pete sein Gras geraucht und der Kobold legte mehr und mehr von seinen Gras auf den Tisch in der Hoffnung die Jungs würden das gleiche tun, doch sie taten es nicht.

Dann fällt Steve, seiner Meinung nach das schlimmste was dem Kobold angetan wurde ein.
Es war ein Abend an dem eine eher agressive Grundstimmung herrschte. Beim Kobold in der Wohnung befanden sich 15 Leute der Gang, Steve saß ganz außen am Bett. Neben ihm saß sein Cousin Helmut. Auf der anderen Seite saßen ein Kroate und ein Italiener, sowie ein Halb Österreicher, der sich selbst "Der Universelle" nannte. Es kam zum Streit zwischen dem Italiener und dem Universellen. Der Universelle holte eine Gaspistole aus der Jacke.
"Wette ich schieße man"!!!!
"Tust du nicht, du hast keine Eier".
"Fuck you man, schau her", der Universelle hob die Gaspostiole in der Luft und schoß ca. 5 mal in den Raum. "Was jetzt man? Was jetzt".
Der Universelle bekam eine Faust vom Italiener mitten ins Gesicht. Dann Schlug der Universelle zurück.
Zum Glück klingelte es an der Tür, das Gesicht des Kobolds war fahl wie das eines Albinos. Steve betrachtete alles amüsiert, während er nichts mehr hören konnte, wegen den lauten Schüssen.
Es kamen noch 2 Türken die auch regelmäßig mit der Gang abhingen.
Der Großteil der Gang war betrunken und kurz davor sich zu schlägern. Der Kobold meinte er finde das Verhalten sehr unangemessen. Er würde sich was zu essen machen. Er setzte einen Topf auf den Herd und legte Spaghetti rein. Das Wasser fing an zu kochen. Der Kobold rührte. Dann klingelte es erneut an der Tür.
"Das ist für mich Jungs, könnt ihr bitte die Spaghettis rühren während ich kurz draußen bin"?
"Klar", antwortete der Italiener und der Kroate. Sie gingen zum Topf. Doch sie rührten nicht nur, sie spuckten auch beide in den Topf, und überwürzten das kochende Wasser mit Pfeffer und Salz.
Einer der vor kurzem angekommenen Türken kam aus dem Bad raus, Steve stand auf und wollte selber ins Bad.
"Faß die Türklinke nicht mit der Hand an", zwinkerte der Türke Steve zu.
Als Steve im Bad angekommen war sah er auch den Grund. Das ganze Bad war vollgepinkelt, der Boden, der Klodeckel, die Handtücher, einschließlich der Türklinke.
Als Steve zurück in die Wohnung ging, kam auch der Kobold wieder rein. Er nam die Spaghettis vom Herd und machte sich damit einen Teller voll.
Dann setzte er sich hin und fing an zu essen. Während alle anderen im Raum das beobachteten und ein lautes auflachen unterdrücken mussten. Steve beschloss zu gehen. Er erzählte den anderen er müsse Heim, er sei Müde. Winkte allen zu und verließ die Wohnung.
In Wirklichkeit wollte er nicht mit ansehen wie der Kobold vollbespucktes essen zu sich nahm.

Wenige Wochen verließ Pete, den alle Kobold nannten die Stadt. Er hatte es ein paar Monate ausgehalten, doch er beschloß sein FSJ nicht zu beenden.

Steve schaut nachdenklich in die Dunkelheit. "Was waren wir bloß für Arschlöcher. So kann man einen Menschen nicht behandeln. Klar, du hast ihn eigentlich immer in Ruhe gelassen. Allerdings hast du ihn auch nie versucht zu Helfen", wirft sich Steve selbst vor.

"Wie hätte ich ihm auch helfen können. Hätte ich mich für ihn eingesetzt, hätte ich mich selbst schnell zum Außenseiter gemacht."

Eine Sternschnuppe geht in die Erdadmosphäre ein während Steve den Nachthimmel betrachtet,
"würde ich nochmal die Chance kriegen, würde ich vieles anders machen", denkt er sich.

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