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Kleines Einhorn

Ein blinzeln....Stille...gedämpfte Atmung...da, noch ein weiteres blinzeln. Ein diffuser Schmerz, von wo aus kommend? Ein leises stöhnen. Der zaghafte Versuch die Augen zu öffnen. SCHMERZ!
Noch ein stöhnen. Dann letztendlich beide Augen offen, alles verschwommen. Steve schaut die Fließen seines Küchenbodens an, erkennt nur die Konturen, Licht und Schatten.
Dann fixiert sich sein Blick auf die Wasserkisten die neben dem Kühlschrank aufeinander gestapelt stehen. Er richtet sich langsam auf, ganz sachte, denn der Kopf pocht wie nach einem Schwergewichtsboxkampf.
Seinen Kopf mit der linken Hand abstützend schaut er sich in der Küche um, schaut auf die Uhr oberhalb der Eingangstür. "Ach ja, 10 Uhr, wird schwierig das Vorstellungsgespräch um 9.45 Uhr noch wahr zu nehmen".
Er geht ins Bad um den Schaden erst mal zu begutachten, falls es einen gibt. Im Bad angekommen geht er vorsichtig einen Schritt vor und bleibt vor dem Spiegel stehen.
Schaut sich erstaunt an als er sich selbst erblickt. "Ja brate ( serbokratisch "Bruder" ), cooler Bart, aber die Beule oberhalb deiner linken Augenbraue sieht doch schon sehr nach Einhorn aus".
Er beugt sich ein Stück vor und starrt die Beule ungläubig an. "Fuck, was zum Teufel ist das", er beginnt wirr zu lachen bevor er innerlich eine leichte Wut in sich aufkommen verspürt. "Du verficktes Einhorn...wie heißen Einhörner überhaupt? Sowas wie *Alharbar* oder *Wyaurie*, haben sie keine Fantasie Namen? Evtl. Mittelalterliche, Balduin das Einhorn, oder Sigismund ( Sigi ) das Horn. Sind Einhörner eher Modern veranlagt? Lucas Hornolino, oder Kevin alone at Horn? Horn me up before you go- go? Once uppon an Horn? Luke Hornwalker?". Er hält kurz inne, holt tief Luft, und schaut sich selbstbewusst selbst in die Augen, "wärst du ein Einhorn, würdest du Steve heißen"! "Oder sagen wir Stevie B, was ist mit Jonny O"?
Mit diesen albernen Gedanken geht er zurück zum Kühlschrank, ein starkes Hungergefühl überkommt ihn. "Ich muss irgendwie ohnmächtig geworden sein, aber gleich zwei Stunden lang? Was war das überhaupt mit dieser dämlichen Maske"?
Er schaut in den Kühlschrank, "Kalamata Oliven, man sagt das sind die Besten, bisschen Schafskäse dazu"?
Dann entdeckt er ein paar Pizzastücke von letzter Nacht. "Was hab ich letzte Nacht überhaupt gemacht"? Frägt er sich mit den Pizzaresten ins Wohnzimmer laufend.


Er setzt sich auf die Couch und beißt genüsslich in die kalte Pizza. Schaltet den Fernseher mit seinem Smartphone ein und kaut weiter.

Nur rauschen.

Er versucht die Kanäle zu wechseln, nichts als rauschen.

Unbeeindruckt packt er sich gierig das nächste Stück Pizza. Schaut Gedankenverloren in das monotone Rauschen des Fernsehers.

Ohne es zu merken versinkt er in das Rauschen des Fernsehers, Gedanken aus seiner tiefsten Kindheit holen ihn ein. Sind es überhaupt Gedanken? Es ist mehr eine Art Gefühl.
Vor seinem inneren Auge sieht er ein Kinderbett. Jemand liegt darin und kann nichts sehen. Er verspürt nichts als Angst. Die Person im Bett kann nichts sehen. Es ist ein älterer Mann. Grad eben hatte er noch etwas zu erledigen. Jetzt ist ihm nicht klar wo er ist, weil er nichts sehen kann. Panik kommt in ihm auf, verstärkt sich, als ob man sich in Gedanken verliert, die Gedanken einem Instinkt weichen. Dabei bekämpft der Instinkt die Gedanken und verscheucht sie, als ob das eigene Bewusstsein ausgelöscht wird. Wie wenn man auf dünnem Eis läuft, es bricht ein, darunter nichts als kalte dunkle Tiefe.
Bevor das Eis völlig bricht, hört der Mann eine Stimme aus dem Nichts. Es ist eine beruhigende Stimme, sie spricht sehr sanft, fast melodisch. Dieser Stimme kann man nur vertrauen.
"Alles wird gut, du wirst sehen, hab nur Geduld und vertrauen". Die Panik legt sich.
In dem unendlichen Weiß was die Augen des Mannes sehen entstehen nach jedem blinzeln mehr und mehr erkennbare Konturen. Langsam kann er am Bettrand zwei Gestalten erkennen. Einen Jungen Mann und eine Junge Frau. Sie schauen auf ihn herab, lächelnd, glücklich.
Das Szenario iritiert ihn zutiefst. Er schaut sich um zur linken Seite, dann zur Rechten, schaut zurück zu dem jungen Paar. Das Eis droht erneut zu brechen. Irgendetwas an diesem Bild stimmt nicht. Richtig, er kann seine Füße nicht sehen. Er versucht seine Füße zu sehen, doch er kann seinen Kopf kaum bewegen. Ein dumpfes Gefühl überkommt ihn. Er schaut leicht zur Seite und hebt seinen linken Arm. KINDERHAND!
"Nein, nein, nein, neeeeeiiiiiiiinnnnnnn, kann nicht sein, ich bin wieder ein Kind, ich bin wieder ein verdammtes Kind! Nochmal alles von vorne, laufen lernen, zur Schule gehen, kein Sex mehr, all diese Jahre warten! Meine Frau, meine Kinder, alles weg".
Das Eis bricht ein, er fällt tiefer und tiefer, spürt wie er unter geht, spürt wie er sich dem Nichts nähert, spürt wie sein Verstand sich in dem unendlichen Weiß droht aufzulösen. Wie eine Maus die von einer Würgeschlange zerquetscht wird.
Dann ist da wieder diese ruhige, klangvolle Stimme. Sie holt ihm aus dem weißen Nichts raus. Und plötzlich kommt ihm ein Gedanke : "Ich kann wieder von vorne beginnen. Ich kann alles nochmal erleben, nochmal Teenager sein, nochmal ein Leben vor mir. Wer weiß was ich für spannende Menschen kennen lerne". Ein breites lächeln breitet sich über sein Gesicht aus. Er schaut die beiden Jungen lächelnden Menschen vor sich an und lächeld zu ihnen zurück. Dann wird er müde, schließt die Augen und versinkt in wunderbaren Träumen.

Steve kaut nicht mehr an seiner Pizza, er steht einfach da mit einem kleinen Stück Pizza im Mund und starrt in das Rauschen des Fernsehers. Dann zuckt er merklich zusammen. "Heilige scheiße...oha...kann es sein....kann es sein das ich das geträumt hab? Fühlte sich aber so echt an. Bin ich etwa wiedergeboren"? Nachdenklich kaut er sein Pizza Stück zu ende und beschließt weniger zu trinken. Er steht auf und läuft zur Balkontür rüber, möchte mal einen Blick nach draußen werfen.

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