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Angstschweif

Steve wacht schweissgebadet auf, schaut sich ängstlich im Zimmer um, die Stimme der Eule immer noch in seinem Kopf nachhallend.."Antonio Montana, loooool, was für ein Quark".
Er wirft einen kurzen Blick auf seine Uhr. Mittlerweile ist es 18 Uhr 30. Er nimmt die langsam ins Orange übergehenden Sonnenstrahlen wahr, die auf seinen Fernseher reflektieren.
"Vielleicht sollte ich mir einen kleinen Aufwachdrink gönnen" denkt er sich während er sich eine Zigarette aus der Zigarettenschachtel vom Tisch nimmt und anzündet.
"Wie oft wolltest du damit schon aufhören? Gut und gerne 100 mal", erinnert er sich während er seinen ersten Zug an der Zigarette nimmt und langsam in die Küche läuft.
Er checkt seinen Alkohol Vorrat durch.
Wodka Bull steht zur Auswahl, außerdem hat er noch Jack Daniels Cola und ein Sixpack Bier im Kühlschrank stehen.
Er greift sich eine Dose Wodka Bull und trinkt sie fast auf ex leer. Dann holt er sich ein Bier und kippt dieses auch schnell runter. Holt sich danach merklich angeheitert nochmals einen Wodka Bull und geht zurück ins Wohnzimmer.
Im Wohnzimmer angekommen öffnet er die dritte Dose, schnappt sich eine Zigarette und zieht sich eine Winterjacke mit Kaputze über, schließlich regnet es draußen.
Er zündet sich die Zigarette in der Wohnung an, öffnet die Tür und geht nach draußen. Zieht einen tiefen Zug an der Zigarette und schaut sich um.
Normalerweise sieht er um diese Zeit viele Flugzeuge von Westen her heranfliegen. Doch heute ist es merklich still. Er blickt auf die Straße. Menschenleer. Häufig sieht er um diese Uhrzeit einen schwarzen Mann mit Rastas seinen Kampfhund Gassi führen. Dabei hält der schwarze Mann immer auf der Rasenfläche mit dem Baum der von einer Sitzbank rundum umgeben ist inne um eine Zigarette zu rauchen. Heute ist kein schwarzer Mann mit einem Kampfhund zu sehen. Auch keine Radfahrer, bei dem Regen kein wunder.
Autos sollten aber mindestens ab und zu vorbei fahren, wobei dies eine eher ruhige Wohngegend ist.
Er kratzt sich bei den Gedanken an den Kopf. Wie gerne hätter er ein Haus besessen, hätte am Wochenende seinen Rasen gemäht, hätte dem Nachbarn freundlich dabei zugewinkt falls er ihn dabei selbst in seinem Garten arbeitend antraff. Hätte seinen Kindern eine große Schaukel geholt, hätte mit Freunden oder Familie an heißen Sommertagen Grillparties gefeiert. Hätte eventuell Nutzpflanzen angepflanzt, Tomaten, Gurken & Co. Dazu noch Obstbäume, Kirschen, Maulbeeren, Stachelbeeren, Apfelbäume und natürlich Weinreben, so wie er es aus Rumänien aus seiner Kindheit kannte. Hätte, hätte Fahrradkette.
Er nippt an der Wodka Bull Mischung. Zieht nochmals an der Zigarette. Schaut sich erneut um.
"Komisch das heute kein Mensch zu sehen ist, ein bisschen Leben sollte schon zu sehen sein". Mit diesen Gedanken im Kopf nippt er erneut an seiner Dose. Zieht sich mit der Zigarette in der linken Hand den Kragen der Winterjacke näher an den Hals heran, der Wind ist heute kalt.
Unmerklich muss er wieder an seiner Kindheit denken. Wie es war, damals 1986. Seine Eltern bekamen Abends besuch von Freunden. Er erinnert sich noch genau daran, seine Mutter war hochschwanger mit seinem Bruder. Als es draußen schon dunkel war, kamen sie auf ihn zu. Er schaute Musik Videos auf Kassette an. Da es in Rumänien selten war das man Videoplayer und Farbfernseher erhalten konnte musste sein Vater jede Menge krumme Deals eingehen um an diese Geräte ran zu kommen. Dies wusste er im Alter von fünf Jahren natürlich noch nicht.
"Wir müssen kurz weg, aber wir kommen bald wieder, außerdem kommen Mosu ( Greiß, normalerweise Bunicul, aber in Transsilvanien als Bezeichnung für Opa eher unüblich ) und Bunica ( die Gute, von "bine" - "gut" für Großmutter im rumänischen Sprachgebrauch ) nach ihrem Kirchenbesuch nach hause. Seine Eltern erkundigten sich ob es ok für ihn wäre ein bisschen allein daheim zu bleiben, sie würden die Tür zur Straße hin auch abschließen. "Natürlich, gar kein problem" sagte er tapfer.
Die Eltern verließen das Haus mit den Freunden und schloßen die Tür hinter dem Hof zur Straße hin ab. Sie besaßen 2 Häuser. In einem Haus Wohnte Steve mit seinen Eltern, in dem anderen kleineren Haus das Gegenüber stand wohnten seine Großeltern. Ein Eisenzaun mit einem Tor aus Eisen, Weinrot bestrichen trennte den Hof von dem Hinterhof. Im Hinterhof gab es einen Schweinstall und einen Hühnerstall und die Hütte des belgischen Schäferhundes, der angekettet über das Anwesen wachte. Gegenüber der Hundehütte befand sich ein großer Lagerplatz für Holz, ein Vorratslager für die Holzhöfen für die Teilweise harten Winter. Im Hinterhof stand auch ein Plumpsklo, wobei beide Häuser auch über eine Toilette mit Spühlung verfügten. Der Hinterhof wurde von einem 2m Hohen Holzzaun nach hinten hin abgegrenzt. Dahinter befanden sich Weinreben, Kirschbäume, Pflaumenbäume, Birnen & Apfelbäume, Nussbäume, ein Quittenbaum sowie ein Maulbeerbaum, Sonnenblumenfelder sowie Kartoffelfelder. Dazu gab es alle Pflanzensorten, sowie Erdbeeren, Stachelbeeren & Johannisbeerensträucher.
Das ganze Anwesen wurde schließlich von einem Zaun zum Park hin abgegrenzt. Sie Wohnten am Stadtrand. Am Ende des Parkes befand sich ein Wasserfall. Vor dem Wasserfall gab es einen kleinen Canyon, dessen Felsen Rosafarben waren. Vom Wasserfall aus hatte man einen tollen Blick auf die Ausläufer der Südkarpaten, auch bekannt als Transsilvanische Alpen.
Direkt hinter dem Zaun von Steves Anwesen befand sich der "Canal", ein Aquädukt, gebaut von der Bundeswehr zwischen den Weltkriegen um die Stadt Sebes ( Mühlbach ) die von Siebenbürger Sachen im 12 Jahrhundert gegrüdet wurde mit Strom zu versorgen. Die Turbinen im Kraftwerk waren von Siemens. Sie waren auch in den 80er Jahren noch betriebsfähig, doch sie wurden von den Kommunisten lahm gelegt.


Ab den 90er Jahren fing der Canal an zu verfallen, jedes Jahr ein bisschen mehr. Da er nicht mehr gewartet wurde fing er an ab dem neuen Jahrtausend Stück für Stück zu verfallen.

Steve steht nun alleine im Wohnzimmer. Im Fernseher läuft ein Video von Queen. Er schaut ab und zur Seite. Das alleine Sein ist ihm unangenehm. Er hört draußen auf der Straße einen LKW vorbei donnern, die Türen vibrieren leicht. Er schaut verängstigt zum Schlafzimmer rüber, hinter dem sich das alte Schlafzimmer befindet. Durch das Glas, umgeben von der Holztür und dem kleinen Vorhang der die Glasscheiben ziert sieht er nichts als Dunkelheit.
Er versucht sich krampfhaft auf dem Fernseher zu konzentrieren, er sieht das bekannte Lied "Radio ga ga". Das schwarz-weiß gedrehte Video mit der verzerrten Melodie irritiert ihn zutiefst. Fredy Mercury fängt gerade an zu singen, da steht Steve von der Couch auf. Er hält es nicht länger im Haus aus, die zwei dunklen Zimmer wirken zu bedrohlich auf ihn. Er rennt schnell aus dem Haus heraus, draußen in der Dunkelheit bellt "Gio" der schwarze Schäferhund. Er greift sich zwischen die Haare, zieht an ihnen, "HILFE" ertönt es aus seinem Mund. Er schaut sich um, die dunklen Zimmer, die aufgeregten Hühner und die grunzenden Schweine aus dem Nebenhof hämmern gegen seinen Kopf. Er möchte weg, nichts wie weg. Er rennt zur Tür zur Straße hin. Da im Kommunissmus Strom gesprarrt werden musste brennte draußen auf der Straße nur jede dritte Straßenlampe. Sodass nur gedämpftes Licht über den 2m hohen Holzzaun in den Hof hinein dringt. Nach einigen hastigen Schritten erreicht er die Tür nach draußen. Doch er hatte vergessen das sie abgeschlossen ist. Er zerrt mit voller Wucht dran, doch natürlich kriegt er sie nicht auf. Er zieht verängstigt, der Panik nahe ein paar mal dran, dann fällt ihm ein das die Tür abgeschlossen ist. Hastig versucht er auf der rechten Seite neben der Eingangstür hoch zu steigen. Er weiß der Schlüssel befindet sich dort, rechts oben an einem Haken. Doch da ist kein Schlüssel. Er dreht sich um und hört das tiefe bellen des Hundes. Er fühlt sich gefangen, fühlt sich alleine, hilflos, er ist schließlich 5 Jahre alt.
Er rennt unter dem großen dichten Sauerkirschenbaum der vor dem Haus der Großeltern zur Straße hin steht, er weiß das dort Sand aufgehäuft ist. Er besteigt den 1m hohen Sandhaufen, und klettert rüber zum Holzzaun. Er schaut auf die leere Straße. Kein Mensch zu sehen. Er fängt an um Hilfe zu schreien. Anfangs zögerlich, dann lauter und lauter. "Ajutor, ajutor" , hilfe, hilfe, krächzt er verzweifelt. 
Er fängt an zu Gott zu beten, wie seine vom orthodoxen Glauben zum Baptismus konvertierten Großmutter es ihn gelehrt hat. "Lieber Gott, ich weiß das du groß und mächtig bist, ich habe Angst. Ich bitte dich, lass meine Großeltern gleich von der Kirche zurück kommen. Und da ich jetzt schon Wünsche äußere, bitte ich dich, lass doch meine Lieblingscousine Ivana gleich mitkommen, damit ich noch mit ihr erzählen kann bevor ich schlafen gehe". Er wiederholt die Fürbitte immer und immer wieder in seinen Gednaken, während er laut um Hilfe schreit. 
Nach ein paar Minuten kommt die Nachbarin aus dem Haus raus. Ihr Familienname ist "Carnat" was auf deutsch "Wurst" bedeutet. Er hat nicht die Zeit über den Merkwürdigen Namen nachzudenken als er sie sieht.
"Junge, was ist los, kann ich dir helfen"?
"Nein Doamna ( Dame ), es ist alles gut".
"Warum schreist du dann so Junge"?
"Ja, nun, meine Eltern sind weg".
"Hmmm, wo sind deine Eltern"?
"Ich weiß es nicht Doamna, sie wollten gleich wieder zurück sein".
"Verstehe, wenn du möchtest kannst du zu uns rüber kommen bis sie wieder da sind".
Steve, der eigentlich Stefan heißt denkt kurz nach, er erinnert sich an den Ehemann der Nachbarin, ein netter alter Mann der oft vor der Tür steht und raucht, ab und zu besucht er sie auch und raucht mit seinem Großvater zusammen während sie auf einer Bank sitzen. Doch er lehnt das Angebot ab, schließlich möchte er nicht als Feigling dastehen.
Die alte Frau verabschiedet sich mit den Worten: "Du brauchst keine Angst zu haben Junge, bin mir sicher deine Eltern kommen bald zurück. Falls nicht, kannst du mich jederzeit rufen, ich komme dann raus und schaue nach dir".
"Ich danke ihnen Fr. Carnat".
Sie geht zurück ins Haus. Steve atmet ein bisschen erleichtert auf. Er ist leicht beruhigt, allerdings nagt die Angst weiterhin an ihm. Er winselt leicht vor sich her und schaut die Straße auf und ab. Ab und zu sieht er die alte Nachbarin aus dem Fenster schauen, sich vergewissern das es ihm gut geht. Als sie ihren Kopf wieder in die Wohnung einzieht, erkennt er in der Ferne ein paar gestalten. Es sind drei. Sie kommen langsam näher. 
Sein Großvater hatte mit 48 Jahren einen Schlaganfall erlitten. Seitdem hinkt er leicht. Er erkennt ihn von weitem an seiner Gangart.Seine Großmutter war lediglich 1.55m groß, wesentlich kleiner als sein Großvater. Er erkennt sie ebenfalls. Zwischen seinen Großeltern sieht er eine kleinere Person laufen. Instinktiv weiß er wer es ist, es ist seine Cousine Ivana, so wie er es sich gewünscht hat. Er schaut lachend zum dunklen Himmel hoch "DANKE"!!!!!

Steve drückt bei dem Gedanken die Zigarette aus, nimmt noch einen Schluck vom Wodka Bull und kehrt zurück in die Wohnung. Setzt sich auf die Couch und versucht seine Gedanken zu Ordnen.
"Ich sollte mal mit jemandem telefonieren".

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